Arbeitsgemeinschaft für Belange und Geschichte Mögeldorfs

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dauerte es nur wenige Jahre bis die Mögeldorfer sich wieder auf ihre Geschichte besannen. Der Ingenieur Richard Walter veröffentlichte im „Kirchturm“ der evangelischen Gemeinde heimatkundliche Artikel. Der Lehrer Leo Beyer begann mit Archivforschungen zur Geschichte Mögeldorfs. Carolus Link, der Besitzer des gleichnamigen Schlösschens, war ebenfalls hoch interessiert. Man erinnerte sich an den alten Geschichtsverein und beschloss 1949 seine Neugründung. Unter dem Vorsitz von Richard Walter bildete sich zunächst eine lose Arbeitsgemeinschaft, die keinen festen Vereinsbeitrag forderte.

Das alte Mögeldorf, Stich von Autenrieth

Stich von Autenrieth

Die ersten Vorträge über die Geschichte Mögeldorfs und die Führungen im Stadtteil erfreuten sich großen Zuspruchs. Dabei ergaben sich Fragen zu Problemen des Stadtteils und zu seiner Entwicklung, sodass man auch den Aufgabenbereich des ehemaligen Vorortvereins mit einschließen wollte. Man gründete deshalb eine „Arbeitsgemeinschaft für Belange und Geschichte Mögeldorfs“, die am 24. April 1951 als gemeinnütziger Verein ins Vereinsregister eingetragen wurde. Der erste Vorsitzende war Konrad Seyschab. Die Leitung für Geschichte hatte Leo Beyer, die für die Belange Dr. Dr. Dieter Walther. In einer einmaligen Werbeschrift stellte sich der neue Verein den Mögeldorfern vor.

Der Verein hat seine Ziele bedeutend weiter gesteckt als ein Vorstadtverein. Er gliedert sich in zwei Unterabteilungen.
Die Abteilung Belange Mögeldorfs steht unter dem Motto: „Unannehmlichkeiten beseitigen, Annehmlichkeiten erringen. Wir kümmern uns um Belange und Sorgen unseres Vororts.“ Die Abteilung Geschichte hat zum Ziel, das neue Mögeldorf so zu gestalten, dass das alte Mögeldorf nicht zerstört wird. Vor allem aber will man mit Vorträgen und Führungen die Vergangenheit Mögeldorfs lebendig halten. Man kündigt das Erscheinen eines Heimatbuches an.

Leo Beyer: Mögeldorf

Leo Beyer: Mögeldorf

Die Arbeitsgemeinschaft geht die gestellten Aufgaben mit Schwung an. Im ersten Jahr bietet die Abteilung für Geschichte bereits 15 Veranstaltungen an: Lichtbildervorträge und Führungen in Mögeldorf und darüber hinaus. Sie erfahren regen Zuspruch.

Die Unannehmlichkeiten in Mögeldorf zu beseitigen, das geht nicht im gleichen Tempo. Man wird aber nicht müde, sie zu benennen und der Stadtverwaltung vorzutragen. In manchen Straßen kennt man keine Gehsteige. Die Fußgänger quälen sich durch eine aufgewühlte Sandfläche zwischen der Fahrbahn und den Häusern. Nachts ist es düster, weil nur die Hälfte der alten Gaslaternen noch Licht gibt. Es gibt kein Postamt und keine öffentliche Telefonzelle, keine Wartehalle an der Straßenbahnschleife. Und was den Mögeldorfern anscheinend noch mehr fehlt, ist eine öffentliche Bedürfnisanstalt. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich für all diese Belange ein. Die Aufstellung von Ruhebänken nimmt man selbst in die Hand.

Taubershof 1956, Ortsstraße</p>
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Taubershof 1956, Ortsstraße

Eichelbauernhof 1965, Schmausenbuckstraße - Bauernhof Friedrich, 1969 - Schmausenbuckstraße

Eichelbauernhof (1965) und Bauernhof Friedrich (1969) - Schmausenbuckstraße

Gesellschaftlich tut sich einiges in Mögeldorf dank der vielfältigen Angebote des Vereins. Regelmäßig am ersten Mittwoch im Monat treffen sich die Mitglieder zu den Vereinsabenden. Fast wöchentlich werden für alle Interessierten weitere Veranstaltungen angeboten: Führungen in Mögeldorf, in der Altstadt oder in der Umgebung, Wanderungen und Omnibusausflüge.

Alle Aktivitäten stoßen auf ein lebhaftes Echo. Einige Beispiele aus dem reichen Angebot:

Führungen durch das historische Mögeldorf oder durch das unterirdische Nürnberg oder Museumsführungen, z.B. im Germanischen Museum

Besichtigung der Bleistiftfabrik Faber-Castell, des Brief- und Paketpostamtes oder Besuch des Bayerischen Rundfunks

Vorträge

„Die Welt des Islams“ von Pfr. Dr. Eichner
„Die Mögeldorfer Eisenbahn“
Reisebericht Griechenland
„Tiergartendirektor Seitz zu Gast“

Ausflüge und Wanderungen: In die Blüte nach Kalchreuth. oder eine Pilzlehrwanderung

Omnibusfahrten ins Burgenland oder als Weinfahrt nach Veitshöchheim

Zur Intensivierung des Vereinslebens bilden sich einige Unterabteilungen.

Gesangsabteilung mit dem Chorleiter Beuschel

Gesangsabteilung mit dem Chorleiter Beuschel

Der Chor, die Gesangsabteilung, auch Gesangsgruppe genannt, wurde 1952 gegründet. Er wird geschildert als ein Häuflein begeisterter Sänger von fünfzehn Damen und sieben Herren, das sich der Pflege des deutschen Volksliedes widmet. Der Chorleiter Ludwig Beuschel, wird nicht müde, die Mögeldorfer zum Mitsingen zu ermuntern, sich bei Vereinsmitglied Löw in der „Schönen Aussicht“ am Mittwoch zum Gesang einzufinden und die Proben regelmäßig zu besuchen. Der Chor leidet unter Sängermangel, trotzdem lässt er sich bei allerlei Veranstaltungen hören, bei den Weihnachtsfeiern, beim Schlossfest und beim Sonnwendfeuer und bei eigenen Konzerten. Bis 1963 singt er unter der Leitung von Ludwig Beuschel, dann noch drei Jahre unter Gerhard Kindler. 1967 löst sich der Chor auf.

Fotokreis

Fotokreis

Weniger abhängig von einer größeren Teilnehmerzahl sind die Fotografen, die sich  ab 1954 zusammen finden und später 1960 unter Fritz Hoppert den Fotokreis bilden. Ihnen verdanken wir viele historisch interessante Aufnahmen unseres Stadtteils. Sie sind aktiv bis in die 80er Jahre.

Tanzgruppe Meysel 1963

Tanzgruppe Meysel 1963

Die Tanzgruppe unter Käte Meysel trifft sich regelmäßig in der Schönen Aussicht. Frau Meysel studiert mit jungen Mädchen historische Kostümtänze ein, die vor allem das Schlossfest bereichern

Weihnachtsbaum aus der Vereinschronik

Ein fester Bestandteil im Jahresablauf sind die Weihnachtsfeiern. Die erste Feier fand 1953 in der Gaststätte am Schmausenbuck statt. In „Alt-Mögeldorf“ finden wir einen detaillierten Bericht. Hier ein Ausschnitt:

Bereits am Nachmittag wurden die Kinder zu einem Kakaotrunk mit Kuchen eingeladen. Etwa 120 waren gekommen und wurden mit Gebäck und Spielsachen beschert. Nach Absingen von Weihnachtsliedern begeisterten sich die Kinder noch an einem Theaterspiel. Die Feier für die Erwachsenen am Abend wurde musikalisch reich gestaltet: Ein Streichertrio wirkte in dezenter künstlerischer Weise, die Solosängerin Frl. Julia Bär sang mit gottbegnadeter Stimme, die Weihnachtsansprache des Pfarrers rührte die Herzen. Der Vereinschor, geleitet vom Chormeister Hauptlehrer Beuschel, weist künstlerische Qualitäten auf, zu seiner vollen Entfaltung bräuchte er noch weitere Damen und Herren.

Eine ähnlich begeisterte und ausführliche Schilderung findet sich im darauf folgenden Jahr, wo die Feier im Saal vom Turnerbund an der Dientzenhoferstraße stattfindet. Zwar gibt es kein Weihnachtsspiel, aber man legt Wert auf künstlerische und weihnachtliche Gestaltung. Dazu gehört immer Kammermusik, eine Sängerin und der gemischte Chor des Vereins.

Ein weiteres Ereignis sind die Faschingsbälle, die bis in die 1960-er Jahre veranstaltet werden, von denen aber nähere Berichte fehlen.

Ab 1953 ist Carolus Link der erste Vorsitzende des Vereins. Ein Glücksfall, denn er ist Besitzer des Schlösschens auf dem Kirchenberg, das jetzt seinen Namen trägt. Er hat den Park des Schlosses zu einem Barockgarten umgestaltet, den er einmal im Sommer für die Mögeldorfer öffnet. Es ist eine einmalige Kulisse: Grüne Rasenflächen, blühende Sträucher, jahrhunderte alte Bäume, steinerne Figurengruppen, eine umrankte Pergola.

Eine enthusiastische Schilderung vom Schlossfest 1954 sei hier in Kurzfassung wiedergegeben:

Weit geöffnet stand das schmiedeeiserne Parktor des Linkschen Schlosses, die Rasenflächen in ihrem jungen Grün. Unter festlichen Klängen betritt der Ratsherr aus dem Geschlecht derer von Löffelholz seinen ehemaligen Besitz und dankt dem Fabrikanten Carolus Link, dass er auch heuer wieder die Tore des Parks geöffnet hat.“ Nach seiner blumigen und weit schweifenden Ansprache entfaltet sich die Welt des Rokoko mit Opernarien, Menuetttänzen, Streichquartetten und Chorgesang bis der Glockenklang der Kirche ein feierliche Stille schaffte, in die hinein die Stimme des Nachtwächters erklang:“ Hört ihr Leute, lasst euch sagen, unsre Glock hat zehn geschlagen.“ Nach dem offiziellen Teil krachten die Böller und zischten die Raketen, das Johannisfeuer brannte. „Tief beeindruckt verließen die Besucher den Zaubergarten, ein Fest war ihnen beschieden, das wohl zu den köstlichsten Erinnerungen ihres Lebens zählen dürfte.

Im darauf folgenden Jahr finden wir eine ähnlich begeisterte Schilderung. „Das Fest war nicht nur ein Fest – es war ein Erlebnis“. Man hat eine präzise Vorstellung von diesem Ereignis: Es ist klar, dass auf diesem historischen Platz kein Fest mit Blechmusik und Maßkrügen, mit Samba- und Boogie-Rhythmen gefeiert werden kann.“ Auch in den weiteren Jahren bleibt das Schlossfest der Vergangenheit treu: Klassische Musik mit der Musikgruppe Friedrich, der Tanzgruppe Käthe Meysel in Rokokokostümen, Opernarien mit wechselnden Sängerinnen, Chorgesang mit Lehrer Beuschel und als volkstümliche Zutat die Hans-Sachs-Spiele-Gruppe. Die Firma Hüttinger sorgt für die Beleuchtung. Das Schlossfest wird ein Dauerbrenner. Die Tageszeitungen berichten.

Der Nachtwächter im historischen Gewand

Der Nachtwächter im historischen Gewand

Und doch wandelte es sich im Lauf der Jahre. In den 80er Jahren wird es zu einem volkstümlichen Fest. Der Posaunenchor bringt klangliche Fülle, später ergänzt von der Mögeldorfer Kantorei. Franz Männl, Rektor an der Thusneldaschule und 2. Vorsitzender des Vereins, organisiert die Schlossfeste und bringt die Mögeldorfer in gemeinsamen Singen zueinander. Ganz entscheidend wird das Fest durch die Spielscharen der Mögeldorfer Schulen geprägt. Von 1987 bis 1991organisiert Hedi Reim, Billrothschule, von 1993 bis 2000 Gudrun Klein, Thusneldaschule. An die Familie Riedhammer Dank, die trotz relativ gesitteter Besucher manchen Schaden an ihrem Anwesen hinnehmen musste.

Was tut man, wenn das Wetter nicht mitspielt? Gibt es einen Raum mit Dach in der Nähe? Ja, die altehrwürdige Kirche St. Nikolaus und Ulrich! Die evangelische Kirche hat das Schlossfest einige Male beherbergt. Einmal wurde es kritisch. Das war, als die Inlinergruppe ihren ersten Auftritt hatte.