Home

Zurück

Führung bei Firma Baumüller
am Donnerstag, 27. März 2003

Bei frühlingshaften Temperaturen trafen sich ca. 40 interessierte Mögeldorfer Bürger, um an der Besichtigung der Firma Baumüller in der Ostendstraße teilzunehmen. Von Herrn Banholzer, der einigen Bürgern durch seinen Vortrag über die Firma anlässlich der Jahreshauptversammlung des Bürger- und Geschichtsvereins im Jahre 2002 bekannt war, wurden die interessierten Besucher empfangen.

Nach einer kleinen Stärkung mit Kaffee, kalten Getränken und Plätzchen erfolgte die offizielle Begrüßung durch den Inhaber der Firma, Herrn Günter Baumüller sowie Herrn Landtagsabgeordneten Dr. Markus Söder, dem Leiter der Unternehmenskommunikation. Herr Baumüller gab seiner Freude Ausdruck, dass die Mögeldorfer Bürger auch für sein Unternehmen Interesse zeigten. Der in Mögeldorf beheimatete Stammsitz der Firma weise ein gleich großes Areal wie die Nürnberger Versicherung auf. Das Hauptgebiet der Firma sei die Entwicklung der Mikroprozessor-gesteuerten Antriebstechnik: Mechatronik. Herr Köhler, der Vorsitzende des Mögeldorfer Bürger- und Geschichtsvereins, dankte dem Firmeninhaber für die Einladung und Gelegenheit, eine Mögeldorfer Firma mit weltweiter Geschäftstätigkeit kennenzulernen. Anschließend folgte ein Vortrag von Herrn Banholzer, der in gut strukturierter Form und in verständlicher Weise die Arbeit der Firma Baumüller im Detail erklärte. U. a. ging er auf die elektrischen Antriebssysteme ein: Motorenebene, Elektromotor und Stromregler und Regler bilden hier eine Einheit. Anhand des Beispiels einer Druckmaschine in Zeitungsverlagen ging der Referent auf die Wichtigkeit einer exakten Koordinierung der Motoren mit deren Reglern ein. Hier sei eine Intelligenz gefragt, damit in gleicher Geschwindigkeit und mit gleichem Profil gearbeitet wird. Die sog. SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) ist hier ein sehr wichtiges Stichwort. Baumüller beliefert neben Druckmaschinenfabrikanten auch die Kunststoffindustrie, Textil- und Verpackungsmaschinenbauer. Sie alle erhalten die Technik, um ihre Maschinen betreiben zu können. Damit sich die Zuhörer noch besser vorstellen können, inwieweit die Produkte der Baumüller-Gruppe den Alltag des Einzelnen betreffen, wurden einige alltägliche Beispiele genannt: die Zeitung, die PET-Wasserflasche, Verpackungen, Kartonagen, Textilsachen, Stickereien, Autos, die heute in vollautomatischen Fertigungsstraßen hergestellt werden. Beim Druck führte Herr Banholzer den Einbau einer Rotationspresse beim Verlag Nürnberger Presse an, die über 300 Einzelantriebe aufweist. Bei der Textilbranche wurde das Beispiel einer Stickmaschine genannt, bei der 1000 Nadeln gleichzeitig sticken. Würde es hier an Präzision mangeln, könnte es passieren, dass die 1000 Nadeln abbrechen und somit viel Zeit in die aufwändige Wiederinbetriebnahme investiert werden müsste.

Auch die Geschichte der Firma wurde in knapper Form vorgetragen:

1930 gründete der Vater des jetzigen Besitzers, Herr Heinrich Baumüller, einen Reparaturbetrieb. In der Überzeugung, auch eine eigene Fertigung bewältigen zu können, wurde 1945 mit der Fertigung von Motoren begonnen. 1983 konnte der Betrieb sein Angebot durch die Produktion von Scheibenläufen und Servomotoren erweitern. Gleichzeitig versuchte man in den USA Fuß zufassen. 1991 war man über die nationalen Grenzen hinweg als Pionier in der Direktantriebstechnik bekannt. 1995 – so die Firmengeschichte – konnte der Slogan "Baumüller macht den Antrieb intelligent" überzeugen. Im Jahre 2001 wurde die Modularität auf Regler übertragen. Nach diesem historischen Abriss wurden Systemlösungen am Beispiel eines Etikettendrucks vorgetragen. Besonders beeindruckend wirkte die Tatsache, dass Baumüller weltweit über das Medium Internet Verbindungen zu den verschiedenen Firmen aufbauen kann, die Baumüller-Technik in ihren Betriebsablauf eingebaut haben. D. h. dass Ingenieure in Nürnberg technische Probleme, die vor Ort , z. B. in Australien, entstehen, via Internet analysieren können und zur Fehlerbehebung beitragen können. Wichtig sei es auch, Wartungs- und Stillstandsintervalle vorzuplanen, damit Maschinen nur eine begrenzte Zeit stillstehen müssen. Abschließend wurde noch dargestellt, welche Dienste Baumüller einem Systempartner, z. B. dem Maschinenbauer, im Einzelnen zur Verfügung stellen kann: Planung, Projektierung, Entwicklung, Hard- und Softwareengineering, Schalterschrankbau, Installation, Inbetriebnahme, Schulungen und Training, Technik-Support weltweit, Service, Wartung.

Danach gab es genügend Zeit um dem Referenten Fragen zu stellen. U. a. wurde nach der Prognostizierbarkeit der technischen Entwicklung gefragt. Herr Baumüller antwortete, dass es sich hier ähnlich wie bei der Entwicklung der PCs verhalte. Sei eine Entwicklung abgeschlossen, müsse man sich der neuen bereits widmen, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. Momentan zeige sich folgendes Bild: 30 % der Weiterentwicklung liege in der Mechanik, 50 % in der Elektronik und 20 % in der Software. Künftig werde das Schwergewicht des Wachstums im Bereich der Software liegen. Eine weitere Frage aus der Zuhörerschaft zielte auf den Produktionsstandort Nürnberg ab. Der Firmenchef gab zu bedenken, dass Nürnberg zwar als Standort nicht zur Frage stünde, aber bereits heute neben Dresden z. B. in Tschechien oder Slowenien produziert werde. Dies sei aus Kalkulationsgründen wegen des globalen Wettbewerbs notwendig. Auch die Frage hinsichtlich der Entwicklung der Belegschaft beantwortete der Firmeninhaber selber, indem er darauf hinwies, dass sich der Mitarbeiter – wie auch die Produkte – entwickeln, d. h. weiterentwickeln müsse. Eine weitere Frage zielte auf den Anteil der weiblichen Beschäftigten bei der Firma ab. Bei ca. 1.400 Mitarbeitern weltweit seien die Frauen noch unterrepräsentiert. Herr Baumüller bedauerte dies – auch im Hinblick auf die wenigen Studentinnen im Bereich der Ingenieurberufe. Die Frage nach einem weiteren Ausbau der Firmengebäude, der bereits in Planung war, wurde vom Firmenchef im Hinblick auf die insgesamt schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland dahingehend beantwortet, dass man sich zunächst auf die Investition in den Faktor Personal beschränkt habe. Nach dieser sehr interessanten Aussprache wurden die Gäste in zwei Gruppen geteilt und von Frau Koch und Herrn Banholzer durch das Firmengelände geführt. Zunächst wurden verschiedene Generationen von Elektronikmodellen gezeigt: Umrichter mit Reglerkassette, eine Servomotorenplatte ... Fast schon als Anekdote mutete der Hinweis auf die von der Firma Baumüller einst produzierte Saftpresse aus dem Jahre 1956 an, für die vor ein bis zwei Jahren aus Chile Ersatzteile angefordert wurden. Die erste Fertigungshalle, die wir aufsuchten, machte mit der Elektronikfertigung bekannt. Hier werden die Platinen bestückt, kommen durch eine Lötstraße, ein Prüffeld und zur Qualitätssicherung. Hier wurde u. a. deutlich gemacht, dass die gründlichen Qualitätssicherungen notwendig sind, da nur eine Fehlerquote von 0,1 % von seiten der Maschinenbauer als noch akzeptabel angesehen wird. Interessant war auch, dass die Mitarbeiter in der Prüfstelle mit einem Erdungskabel versehen waren, um einen fehlerfreien Zustand der Platine zu gewährleisten. Danach sah die Besuchergruppe die Montage einzelner Geräte, die in ff. Gruppen aufgeteilt werden: Lüfterbaugruppe, Leistungsteilbaugruppe, Reglerbaugruppe. In den Prüffeldern werden die einzelnen Produkte entweder Stück für Stück oder stichprobenartig geprüft. Das ist abhängig vom Fertigungsstand, d. h. ob es sich um ein bewährtes Produkt handelt oder um eine Neuentwicklung. In einer weiteren Halle wurde die Gruppe mit Produkten der Baumüller-Tochter "Anlagensysteme" konfrontiert. Komplettanlagen von Schaltschränken, z.B. für Verlagshäuser wie die Süddeutsche Zeitung, aber auch weltweit, wie zu den Niederlanden und Moskau. Anhand eines Musterkoffers wurden die verschiedenen Baumüller-Zweige vorgestellt.

Nach diesem Rundgang trafen sich die beiden Gruppen wieder zu einem abschließenden Meinungsaustausch in der Kantine. Hier wurde u. a. auf den Anteil der Auszubildenden, Werksstudenten und Diplomanden, der zur Zeit ca.90 Personen beträgt, eingegangen und auf den Beruf des Mechantronikers, der das Wissen eines Informatikers, Maschinenbauers und Elektrotechnikingenieurs in sich vereint . In der Firma arbeiten gegenwärtig um die 100 Entwicklungsingenieure um Baumüller den Vorsprung vor der Konkurrenz zu sichern. Auf die Frage der Auslastung des Betriebes, wurde eine 80 %ige Kapazitätsauslastung angegeben. Besonders im Bereich der Verpackungsindustrie sind steigende Zahlen zu verzeichnen. Der Exportanteil liege bei 60 Prozent (einschließlich des indirekten Exportes, weil auch deutsche Firmen, die Baumüller Aufträge erteilen, weltweit weiterliefern). Die Frage nach Sprachenvielfalt wurde mit dem Hinweis, dass deutsch und englisch die bestimmenden Sprachen im Betrieb seien beantwortet und mit der Erklärung, dass vor Ort in Nürnberg z. B. chinesische Ingenieure angestellt seien, die die Serviceanfragen z. B. aus dem chinesischen Bereich, dann beantworten könnten. Zur Zeit sei man auch dabei neben Baumüller India auch eine chinesische Zweigstelle aufzubauen. Zum Abschluss des Besuches verwies Herr Banholzer noch auf die Kunstaktion in der Baumüller-Kantine. Hier werden immer wieder unterschiedliche Gruppen eingeladen, ihre Bilder zu präsentieren. So waren schon Bilder geistig Behinderter zu sehen wie auch aus dem Kunstunterricht der Kollegstufe der Partnerschule Baumüllers, dem Martin-Behaim-Gymnasium. Zur Zeit sind Exponate des Projektes "Klabautermann" des Südklinikums Nürnberg zu sehen, bei dem schwerkranke Kinder ihre Bilder ausstellen. Zum Abschluss wurde allen Gästen Informationsmaterial und eine Tasse mit dem Aufdruck des Baumüllers Slogans für die Zukunft "be in motion" überreicht. Nach den Abschlussworten von Herrn Banholzer bedankte sich der Vorsitzende des Bürger- und Geschichtsvereins, Herr Köhler, recht herzlich bei beiden Referenten nicht ohne die Hoffnung auszusprechen, dass Baumüller seinen Mögeldorfer Standort weiter fortentwickle und im Hinblick darauf, dass einige ehemalige Baumüller-Mitarbeiter anwesend waren, auch noch viele Mögeldorfer künftig in Arbeit nehmen könne.

Ute Köhler