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Auf den Spuren der Markgräfin Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth

Die Jahresfahrt des Bürger-und Geschichtsvereins

Heftausgabe Dezember 2018

 

Schon zeitig um 07:30 Uhr startete eine große Schar von Mögeldorfer Bürgerinnen und Bürgern zur diesjährigen Jahresfahrt nach Bayreuth.

 

 

In Bayreuth angekommen führte uns der Weg zunächst zum Markgräflichen Opernhaus, das seit 2012 von der UNESCO in die Liste der als „Weltkulturerbe“ ausgezeichneten Bauten aufgenommen wurde. Dieser imposante Bau ist ein Musterexemplar für die Musikkultur des Barock. Das Opernhaus wurde zwischen 1744 und 1750 erbaut und zählt zu den wenigen im Original erhaltenen Theater- und Opernbauten der damaligen Zeit in Europa. Es wurde 1748 anlässlich der Vermählung der Tochter des Markgrafenpaares, Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth, mit dem Württemberger Herzog Carl Eugen eingeweiht. Das Gebäude hat Joseph Saint-Pierre entworfen, das Innere des Hauses gestalteten Giuseppe und sein Sohn Carlo Galli da Bibiena im Stil des italienischen Spätbarocks. Noch heute kann man dies alles im Original bewundern, nur der originale Bühnenvorhang fehlt – er wurde von den Truppen Napoleons entwendet, der im Mai 1812 durch Bayreuth nach Russland zog. Die Innenausstattung des Logentheaters ist ganz aus Holz gefertigt. Das Fürstenpaar hatte zwar eine eigene Loge, saß aber meistens in der ersten Reihe, um die Aufführungen ganz nah beobachten zu können.

 

Nach diesem ersten Höhepunkt unseres Ausflugs wurde uns von zwei Stadtführerinnen die Innenstadt Bayreuths näher gebracht. Immer ging es auch um das Markgrafenpaar, dessen Einfluss auf die bauliche Substanz der Altstadt allerorten zu spüren ist.

 

Grund genug, sich mit dieser doch beeindruckenden Frau zu befassen: Markgräfin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen wurde am 3. Juli 1709 in Potsdam geboren und starb am 14. Oktober 1758 in Bayreuth. Sie war die älteste Tochter von zehn überlebenden Kindern des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. und seiner Gattin Sophie Dorothea von Hannover. Ursprünglich hatte ihre Mutter vor, sie nach England als zukünftige englische Königin zu verheiraten. Als diese Pläne scheiterten, wurde die Ehe mit Friedrich von Brandenburg-Bayreuth arrangiert. Sie stand in stetem Briefwechsel mit ihrem Bruder Friedrich dem Großen. Die beiden hatten ein sehr inniges Verhältnis, was man auch daran erkennen kann, dass sie Mitwisserin des Fluchtversuches ihres Bruders mit dessen Freund Hans Hermann von Katte im Jahre 1730 war. Der Fluchtversuch endete – wie bekannt – in einer Katastrophe: Der Freund wurde hingerichtet, die beiden Kinder fielen beim Vater in Ungnade. Er drohte sogar, die Geschwister ebenfalls hinrichten zu lassen. Mit diesem Hintergrund muss man auch die Eheschließung Wilhelmines mit dem Bayreuther Markgrafen sehen. Für Wilhelmine war der Weg vom Leben in Berlin nun in der Bayreuther „Idylle“ eine Umstellung. Weder das Schloss, das ihr dunkel und von Spinnenweben durchzogen vorkam, noch die Bayreuther Bevölkerung konnten ihr gefallen. Aber sie richtete sich in ihrem neuen Leben ein. Künstlerisch begabt – sie schrieb eine Biografie und auch die Briefe an ihren Bruder, den preußischen König, zeigen dies und malte, ließ sich auch viele Prachtbauten errichten, die ihr das Leben in Bayreuth erträglicher machten.

 

Den ersten Stopp legten wir am Alten Schloss ein, das 150 Jahre lang die markgräfliche Residenz war. 1753 und 1945 wurde es durch Brandeinwirkung fast völlig zerstört, sodass heute fast nichts mehr von der alten Pracht übrig ist. Der Schloss-turm aus dem 16. Jahrhundert ist noch zu sehen. Die Schlosskapelle war 1671/72 gebaut worden, seit dem frühen 19. Jahrhundert fungiert sie als katholische Pfarrkirche – der katholische Pfarrer ließ in einer „Nacht- und Nebelaktion“ ein Kreuz auf dem Schloss-turm anbringen. Dies überrascht, denn Bayreuth ist überwiegend evangelisch. Unter der Orgelempore der Kirche befindet sich ein oberirdischer Gruftraum mit den Sarkophagen von Markgraf Friedrich und der Markgräfin Wilhelmine sowie ihrer einzigen Tochter Elisabeth Friederike Sophie, die nach Jahren einer unglücklichen Ehe zurück nach Bayreuth kehrte.

 

Unser Weg führte uns u. a. zur Stadtkirche, die spätgotische Architekturelemente aufzeigt, da die barocke Ausstattung zurückgebaut wurde. Hier war auch lange Zeit die Markgräfliche Grablege. Um die Kirche herum gibt es viele kleine Gassen, die das „alte“ Bayreuth mit seinen Handwerkern erahnen lassen.

 

Die Friedrichstraße zeigt in Ansätzen eine Idee des Markgrafen Georg Friedrich Carl und dessen Sohnes Friedrich. Es sollte ein Prachtboulevard entstehen mit einer Allee und schönen Bürgerhäusern. Diese Idee wurde aus Geldmangel nur zum Teil ausgeführt, lässt sich aber noch gut nachvollziehen. Hier ist u. a. die berühmte Klavierfabrik Steingraeber & Söhne beheimatet. Es wird berichtet, dass Franz Liszt, der berühmte Musiker, mit seinen kräftigen Händen und deren kraftvollen Einsatz so manches Instrument regelrecht „zerlegte“. Erst die Bayreuther Klavierfabrik schaffte es, Liszt ein Instrument zu bauen, das seiner Spielweise standhielt.

 

Auch der Dichter Jean Paul ist mit der Stadt Bayreuth eng verbunden. In der Friedrichstraße befindet sich Wohn und Sterbehaus. Sein Standbild kann man ebenfalls in dieser Straße bewundern. Es steht vor der Stadthalle, deren Renovierung zurzeit im Gange ist, was unter den Bayreuthern wegen der hohen Kosten zu größeren Diskussionen, ja Unmut führte.

 

Hier in der Nähe steht auch das Neue Schloss. Vor dem Eingang präsentiert sich ein monumentaler Brunnen mit der Reiterstatue des Markgrafen Christian Ernst. 1753 war das Alte Schloss einem Brand zum Opfer gefallen, so wurde an der Stelle der ehemaligen „Rennbahn“, einem Reit- und Festplatz der Neubau in Auftrag gegeben. Wir sahen nur die schlichte Außenfassade, innen muss die Einrichtung exquisit sein – Markgraf Friedrich und seine Frau Wilhelmine bewohnten je einen Flügel. So befindet sich ein Musikzimmer für die Markgräfin, ein Palmenzimmer oder auch ein Bad, eine künstliche Grotte oder ein japanisches Zimmer in dem Palast.

 

An den Hofgarten schließt sich die Villa Wahnfried an. Was wäre Bayreuth ohne seine berühmten Wagner-Festspiele? Jedes Jahr pilgern die Wagner-Enthusiasten zum Grünen Hügel in das Festspielhaus. Richard Wagner, der am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren wurde und am 13. Februar 1883 in Venedig starb, hat im hinteren Gartenbereich des Hauses Wahnfried seine letzte Ruhestätte. Es ist ein schlichtes Grab, denn Wagner wollte es, war er doch der Meinung, jeder müsse wissen, dass hier der große Meister liege. Die Urne seiner Frau Cosima, die ihn 47 Jahre überlebte, liegt auch hier. Ebenso –Wagner liebte seine Hunde – ist ein Grab seines Lieblingshundes zu finden. Wagner kam nach Bayreuth, um das damals schon bekannte und bewunderte Markgräfliche Opernhaus als Spielort zu besichtigen. Es war ihm zu klein für seine Opern, so kam es zum Bau des Festspielhauses mit der besonderen Akustik. Wagner hatte seinen Schwiegervater Franz Liszt als Unterstützer, der sich bereits in der Musikwelt einen Namen gemacht hatte und so eigentlich seine Tochter Cosima unterstützen wollte. Liszt starb übrigens bei dem Besuch der Festspiele 1886 an einer Lungenentzündung und ist auf dem Bayreuther Stadtfriedhof beerdigt.

 

Noch wichtiger – und zwar im Wesentlichen als finanzieller und ideeller Mäzen – wurde König Ludwig II.  So verwundert es nicht, dass eine Büste des Märchenkönigs vor der Villa Wahnfried aufgestellt wurde.

 

Nach so viel Kultur und Stadtbesichtigung hatten wir uns das Mittagessen redlich verdient. Im Restaurant „Oskar“ (Maximilianstraße) stärkten wir uns. Es blieb auch noch Zeit für einen kleinen Bummel durch die Innenstadt, manch einer gönnte sich bei sommerlichen Temperaturen ein Eis.

 

Dann ging es nach kurzer Wegstrecke mit unserem Bus zur Eremitage. Bei Sonnenschein, blauem Himmel ein weiterer Höhepunkt. Markgraf Georg Wilhelm hatte 1715 seine Idee verwirklicht, in einem Waldgelände eine „Einsiedelei“ zu errichten. Der Gedanke war folgender: Er lud sich Gäste ein, die als Eremiten (auch so gekleidet) den Tag in kleinen schlichten Holzhäusern, die im Gelände verteilt waren, verbrachten. Am Abend traf man sich im Alten Schloss zum Feiern.

 

Wir besuchten zuerst die Grotte im Schloss und bewunderten die Wasserspiele – wann sieht man schon eine Krone auf einem Wasserstrahl tanzen? Der Markgraf konnte sich den Spaß erlauben, ungebetene Gäste in die Grotte zu bitten, die dann von den vielfältigen Wasserstrahlen ziemlich durchnässt gerne wieder das Weite suchten. Das Schloss selbst ist wiederum in zwei Flügel geteilt – einen für die Markgräfin und einen für den Markgrafen. Wir besichtigten das Schloss und waren von dem Lackkabinett, dem Spiegelscherbenkabinett und auch dem Musikzimmer der Markgräfin beeindruckt.

 

Nach der Besichtigung hatten wir noch Gelegenheit unseren Ausflug bei einer Tasse Kaffee und einer Wilhelminen-Torte (eine Schokoladenkreation mit Rum!) auf der Terrasse der Orangerie ausklingen zu lassen. Die Kuppel des Sonnentempels und das große Wasserbassin im Blick konnten wir uns ein bisschen fühlen wie die markgräflichen Herrschaften oder zumindest wie deren Gäste. Der Park lud ein, noch ein wenig lustzuwandeln. Der Parnass, das Eingangstor zur Eremitage, ebenso wie das kleine Grabmal (soll eine Erinnerung an den Lieblingshund der Markgräfin sein) und auch das Ruinentheater zogen an diesem herrlichen Herbsttag nicht nur uns an, sondern auch frisch vermählte Hochzeitspaare.

 

Zeit, um Abschied zu nehmen. Gegen 19 Uhr waren wir wieder in Mögeldorf. Wir hatten einen schönen, kulturell interessanten, lukullisch leckeren Tag verbracht. Dank gebührt an dieser Stelle Frau Weigert, die das Programm zusammengestellt hat und uns diesen herrlichen Tag ermöglichte.

 

So freuen sich einige sicherlich schon auf das nächste Jahr. Das Haus der Geschichte eröffnet in Regensburg sein Haus mit einer großartigen Ausstellung. Mal sehen, ob uns der Weg dahin führt?


Text: Ute Köhler. Alle Bilder Ute Köhler

Letzte Änderung: 24.12.2018